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1. Leitfaden der Weltgeschichte für die höheren Classen evangelischer Gymnasien und Realschulen, sowie zum Privatgebrauch für Lehrer und für Gebildete überhaupt - S. 439

1859 - Lübeck : Rohden
Xxii. §. 4. Begründung der habsburgischen Macht in Deutschland. 43!) schönere Reiche im Osten und Westen dazu. Jedoch geschah das Wachsthum der habsburgischen Macht nicht so schnell und nicht in ununterbrochener Dauer. Schon Rudolf mußte den Schmerz erle- den, daß die Fürsten sich weigerten, seinen Sohn Albrecht zu sei- nem Nachfolger zu erwählen. Als dann nach der kurzen und kläg- lichen Zwischenregierung Adolf's von Nassau (1291—98) Albrecht dennoch den Thron gewann, waren zwar alle seine Bestrebungen darauf gerichtet, seine Hausmacht zu erweitern und sie auch in anderen Gegenden Deutschlands zu begründen, aber ohne Erfolg. Auch die schönen Länder Böhmen und Mähren, welche er schon in seiner Hand zu haben meinte, mußte er in den Besitz eines andern Fürstenhauses (Luxemburg) übergehen sehen, und erst über ein Jahrhundert später durfte das habsburgische, durch manche schwere Führungen inzwischen vielfach geläuterte Fürstenhaus diese Gebiete als sein Eigenthum er- werben. Albrecht selbst erlebte noch eine empfindliche Minderung seiner schweizerischen Hausmacht, welche in ihrer weitern Entwicklung schon die spätere Trennung der schweizerischen Eidgenossenschaft von Deutschland anzukündigen schien. Was jetzt Schweiz genannt wird, wurde vor Alters theils zu Burgund, theils zu Alemannien oder Schwaben gerechnet. Von Schwaben, dem hohenstaufischen Herzogthum, war seit 1097 das soge- nannte Oberalemannien abgelöst und kam an die Herzoge von Zäh- rin gen, welche die ganze südwestliche Ecke des jetzigen Deutschland sammt der Schweiz beherrschten. Das Haus der Zähringer starb aber 1218 aus, ohne daß wieder neue Herzoge eingesetzt wurden. Die bis- herigen Lehensleute der Herzoge, eine Anzahl Grafen, einige Bischöfe, Aebte und freie Städte wurden nun selbständig und erkannten nur noch den Kaiser als ihren Oberherrn an. Die Habsburger, als erb- liche Landgrafen des Aargau, waren zugleich Inhaber der Landvogteien in Uri, Schwyz, Unterwalden und einigen anderen Herrschaften ant Vier- waldstättersee. Die Bewohner dieser Gegend, welche bis auf wenige edle Geschlechter aus unfreien Männern bestanden, versuchten es nach König Rudolf's Tode sich von der habsburgischen Landgrafschast los- zureißen und als freie Landgemeinden sich freie Landgerichte unter ihren Landammännern anfzurichten, und traten deshalb zu einer Eidgenossen- schaft zusammen. Das gelang ihnen freilich während Albrecht's Re- gierung keineswegs nach Wunsch, aber unter der Regierung des nach- folgenden Königs Heinrich Vii. wurden ihre Forderungen ihnen doch größtentheils gewährt, und sie haben sie hernach gegen die erneuten Ansprüche der Habsburger mit Glück vertheidigt. Die allbekannte Ge- schichte von Tell's Apfelschuß und dem Landvogt Geßler hat sich freilich bei genauerer Forschung als eine Dichtung erwiesen. Aber die von jenem ersten Versuch einer Losreißung herbeigeführte Bewegung in der Schweiz hat gleichwohl eine bedeutende Nachwirkung gehabt.

2. Leitfaden der Weltgeschichte für die höheren Classen evangelischer Gymnasien und Realschulen, sowie zum Privatgebrauch für Lehrer und für Gebildete überhaupt - S. 401

1859 - Lübeck : Rohden
Xxi. §. 6. Neue Siege der Päpste über Kaiser Friedrich I. rc. 401 Schwerlich würde dies Ziel im nordöstlichen Deutschland so bald erreicht sein, wenn nicht eben damals in der Mark Brandenburg ein Mann aufgetreten wäre, den wir mit Stolz und Freude als den Be- gründer des später so ruhmreichen brandenburgisch-preußischen Staates begrüßen. Markgraf Albrecht von Ballenstädt, gewöhnlich Albrecht der Bär genannt, aus dem Hause der Askanier, war vom Kaiser Lothar von Sachsen 1134 und dann noch förmlicher von Kaiser Konrad Iii. 1142 mit der Markgrafschaft Brandenburg belehnt und zwar so, daß er nicht mehr abhängig von Sachsen, sondern als selb- ständiger Reichsfürst seine Markgrafschaft erblich besitzen solle mit allen den Ehren und Rechten, welche sonst nur Herzögen zukommen. Er ward Erzkämmerer des deutschen Reichs, so wie die übrigen Herzöge Erzmarschall, Erzmundschenk, Erztruchseß u. s. w. waren. Er benutzte den erwähnten wendischen Kreuzzug sogleich, um seine Herrschaft bis an die Oder auszubreiten, und war entschlossen, das Heidenthum um jeden Preis niederzukümpfen und das Christenrhum zur alleinigen Herrschaft zu erbeben. Deshalb berief er sofort deutsche, besonders holländische Colonisten in das entvölkerte und verödete Land, die den Boden fleißig anbauten, Städte gründeten und zahlreiche Dörfer anlegten, lieberall erhüben sich die schützenden Burgen mächtiger Ritter, gelehrte Mönche und fromme Priester kamen schaarenweise herbei; die lange darnieder- liegenden Bisthümer von Havelberg und Brandenburg wurden glänzender als je wieder aufgerichtet und fester begründet. Auch die seit dem ersten Kreuzzug im gelobten Lande gestifteten kriegerischen Mönchsorden der Johanniter und Tempelherren bat ec um Ueberlassung einer Anzahl von Brüdern und Rittern, die mit den Werken der Liebe und mit der Kraft des Schwertes die Ueberreste des Heidenlhums völlig zu Boden werfen sollten. Und wunderbar blühte das Land unter seiner eignen und seiner askanischen Nachfolger kräftiger Leitung auf. Ueberall wurden Wälder ausgerodet, Sümpfe ausgetrocknet, öde Haidestrecken urbar gemacht, Wohlstand und rege Thütigkeit konnte man nach allen Seiten hin mit Behagen wahrnehmen. Selbst die Wenden, die als Besiegte das schwere Loos hatten, Leibeigene der deutschen Sieger zu werden, wurden von der frischen und strebsamen Thätigkeit der deutschen Ansiedler mit fortgerissen, entsagten dem trägen Brüten und sinnlichen Nichtsthun und wetteiferten mit ihren Grundherren im Anbau des Bo- dens und in der Erweiterung der Cultur. Die mildere Sinnesart, die mit dem Christentyum in's Land gekommen war, verschaffte vielen solcher wendischen Dienstleute die Freiheit und allmälig verschmolzen sie mit ihren deutschen Ueberwindern zu einem kräftigen und lebens- frischen Volksstamm, dem eine große Zukunft aufbehalten war. §. 6. Neue Siege der Päpste über Kaiser Friedrich I. und den König von England. Hatten bisher die Päpste seit Gregor's Vii. Zeit einen Sieg nach dem andern über die Kaiser und Könige erlangt und ihre theo- kratische Oberherrschaft trotz alles Widerstandes immer durchführen v. Nohden, Leitfaden. 26

3. Leitfaden der Weltgeschichte für die höheren Classen evangelischer Gymnasien und Realschulen, sowie zum Privatgebrauch für Lehrer und für Gebildete überhaupt - S. 411

1859 - Lübeck : Rohden
Xxi. §. 9. Innocenz in. oder die vollste Entfaltung ;c. 411 horsam dem einen römischen Bischof, dem Stellvertreter Gottes auf Erden zu unterwerfen. Diese höchste Höhe erreichte das Papstthum unter Innocenz Iii. (1198—1216). Er war in der That ein Mann, der an Einsicht und Scharfsinn, an Gerechtigkeitsliebe und sittlicher Haltung, an Kraft und Klarheit allen Fürsten jener Zeit bei Weitem überlegen war, ein Mann, der leidenschaftslos und besonnen, im vollen Gefühl seiner Würde, eben so ruhig als entschieden, in der Sicherheit seiner zweifellosen Ueberzeugung von seinem Recht und sei- ner Pflicht wirklich wie ein Gott auf Erden zu walten schien — nur freilich wie ein staubgeborner sündiger Gott ohne Allmacht, ohne Allwissenheit, ohne Ewigkeit, mit befleckter Heiligkeit und unzureichen- der Liebe. Erst nachdem dieser beste, weiseste und gewaltigste der Päpste die volle Weltherrschaft wirklich besessen und geübt hatte, konnte die gesammte Christenheit und jede einzelne wahrheitsuchende Seele sich gründlich und klar überzeugen, daß diese römische Welt- monarchie doch am Ende nichts Anderes sei, als ein Wiederaufleben je- ner altheidnisch-römischen Weltherrschaft, Kleid und Abzeichen des Lammes, aber Stimme und Rede des Drachen. Denn „Sein Reich ist nicht von dieser Welt." Damit also Solches erkannt würde, wurde diesem größten Papst nach allen Seiten hin Raum gegönnt, daß er unbeengt und ungehindert zeigen könne, was denn ein solcher Stell- vertreter Gottes auf Erden unter den allergünstigsten Verhältnissen zu leisten vermöge. Unmittelbar vor dieses Papstes Thronbesteigung war dem mächtigsten der Hohenstaufen ein jähes Ende bereitet, war das schöne, für den Papst so überaus wichtige sicilianische Reich in die Hände eines schutzbedürftigen Weibes und eines hülflosen dreijährigen Kindes (Friedrich H.) gelegt, waren die unbändigen Stadtgemeinden des obern Italiens in solche Verwirrung (die Strafe ihrer eignen Zügellosigkeit) gerathen, daß sie der päpstlichen Ein- griffe und Entscheidungen sich nicht mehr entschlagen konnten. In Deutschland war der furchtbare Kampf zwischen den Welfen (An- hänger und Nachkommen Heinrich's des Löwen und Begünsti- ger der Hierarchie) und den Ghibellinen oder Hohenstaufen, der schon zu Kaiser Konrad's Zeit begonnen, auf's Reue zu einer Alles verzehrenden, das deutsche Reich völlig zerrüttenden Wuth em- porgelodert, also daß der Papst als höchster Richter zwischen die bei- den sich bekämpfenden Könige treten, jetzt für Heinrich des Löwen Sohn Otto Iv, jetzt für Heinrich's Vi. Bruder Philipp von Schwaben sein oberherrliches Gewicht in die Wagschale legen, und endlich seinen jugendlichen Schützling und Mündel, den heranwach-

4. Leitfaden der Weltgeschichte für die höheren Classen evangelischer Gymnasien und Realschulen, sowie zum Privatgebrauch für Lehrer und für Gebildete überhaupt - S. 369

1859 - Lübeck : Rohden
Xx. §. 4. Uebergang der deutschen Krone auf das sächsische Haus. 369 Interesse es erheischte, das Wohl des ihnen anvertrauten Landes- theils mit allem Eifer zu fördern. Dazu mußte ihnen ihr Gebiet als eine königliche Verleihung oder Lehen zugesprochen werden. Aber es war eben nur eine Verleihung, die an gewisse Bedingungen geknüpft war. Der König, so war Hatto's Gedanke, blieb der eigentliche Herr und Besitzer des Landes. Sobald das Fürstenhaus, dem er es verliehen hatte, ausstarb oder durch Unthaten seine Rechte und Güter verwirkte, hatte der König das Recht, die Provinz wieder an andere Fürsten zu verleihen. Dadurch waren die Herzöge schon an den Gehorsam des Kaisers gefesselt. Noch mehr dadurch, daß sie dem Könige zur Heeresfolge verpflichtet waren und ihm gewisse Dienste zu leisten hatten, ferner dadurch, daß sie bei jeder Aufleh- nung gegen den König die ganze Macht der Geistlichkeit gegen sich zu wenden fürchten mußten, und endlich dadurch, daß ihre Streitig- keiten der Entscheidung des Königs unterlagen. Also ungefähr in gleicher Weise wie deutsche Bischöfe und Erzbischöfe, selbständig in ihren Sprengeln, doch der Oberaufsicht des Primas unterworfen wa- ren, so sollten die deutschen Herzöge und Markgrafen dem König un- terworfen sein, und wie der Primas sammt allen seinen Bischöfen und allen fremden Bischöfen wieder unter dem Papste stand, so sollte auch der Deutsche mit seinen Herzögen und allen fremden Königen unter dem Kaiser stehen — wenn nämlich erst wieder ein Kaiser da wäre, der diesen Namen verdiente. So gestaltete sich allmälig die Verfassung Deutschlands. Unter dem Könige (so lange Ludwig das Kind König war, blieb Erzbischof Hatto Vormund und Re- gent) sehen wir die vier großen Herzöge mit ihren Gefolgsleuten, nämlich Otto den Erlauchten, Herzog von Sachsen und Thü- ringen, Leutpold, und nach ihm seinen Sohn Arnulf, Herzog von Bayern, Gebhard, und nach ihm Reginar, Herzog von Lothringen, Kon rad, Herzog von Franken (hessische Länder und das Stromgebiet des Main). Nur für Schwaben oder Aleman- nien fehlte der Herzog noch. Die mächtigen Familien in jener Ge- gend machten sich gegenseitig die höchste Gewalt im Lande streitig; es fand sich kein über alle anderen entschieden hervorragendes Haupt. Was sollte nun aber werden, wenn die bisherige karolingische Kö- nigsfamilie ausstarb? (Ludwig das Kind starb 911.) Da blieb nichts Anderes übrig, als aus den mächtigen Herzögen selbst den einen zum König zu machen. Nach einigem Schwanken ward diese Erhebung dem Sachsenherzog zu Theil. v. Rohden, Leltfaden. 24

5. Leitfaden der Weltgeschichte für die höheren Classen evangelischer Gymnasien und Realschulen, sowie zum Privatgebrauch für Lehrer und für Gebildete überhaupt - S. 370

1859 - Lübeck : Rohden
370 Xx. §. 4. Uebergang der deutschen Krone auf das sächsische Haus. Deutschland war in der That in einer höchst schwierigen Lage, als cs sich zum ersten Male ohne einen erbberechtigten König sah und dazu übergehen mußte, sich selbst einen König zu wählen. Einer der mäch- tigen Herzöge mußte König werden, das war klar. Denn diese Her- zöge, die sich schon fast als selbständige Könige ansahen, hätten ja nimmermehr einem schwächern Fürsten Gehorsam geleistet. Aber wenn nun einer der Herzöge gewählt ward, war zu erwarten, daß sich die anderen ihm freiwillig unterordneten? Schon machte Herzog R eg in ar von Lothringen mit seinem Sohne Giselbert den Versuch, sich dem Gehorsam des deutschen Königs ganz zu entziehen. Er wollte sich lieber an das Westreich, an die französischen Könige anschlicßen, wie denn überhaupt Lothringen (das linke Rheinufer) Jahrhunderte lang immer unzuverlässig zwischen Deutschland und Frankreich hin und her geschwankt hat. Fremde Könige benutzten die Verlegenheit der Deutschen, um ganze Stücke von Deutschland abzureißen, wie z. B. König Rudolf von Hochburgund den ganzen nördlichen Theil der Schweiz (Bisthum Basel) an sich riß. Die Magyaren aber hauseten Jahr für Jahr in scheußlichster Weise durch das ganze östliche und südliche Deutschland, drangen bis Thüringen und bis an den Rhein (S. 353 ff.). Schon hatten sie die Herzöge Leutpold von Bayern lind Gebhard erschlagen, hatten Bayern tributpflichtig gemacht und schleppten deutsche Christen zu Tausenden als Gefangene mit sich fort in ihr Heidenland. Es mußte für- wahr ein mächtiger Fürst sein, der solcher Noth und Verwirrung ein Ende machen sollte. Hatto hatte seine Augen auf Otto den Erlauch- ten von Sachsen geworfen. Aber der wollte sich auf seine alten Tage nicht mehr in so große Mühen und Gefahren stürzen. Da wählte man den jungen und kräftigen Herzog Konrad von Franken, der mütter- licherseits ein Enkel Kaiser Arnulf's, also mit dem bisherigen Königs- hause nahe verwandt war, und er hatte Muth und Freudigkeit, sich der schweren Aufgabe zu unterziehen. Aber sie war schwerer, als er sich gedacht. Von den Vorgefundenen Knoten konnte er keinen lösen, und er selbst fügte noch neue Verlegenheiten hinzu, besonders als sein Freund und Rathgcber Hatto ihn bald verließ und starb. Konrad beleidigte nämlich den Sohn und Nachfolger Otto's des Erlauchten, Heinrich von Sachsen, in so empfindlicher Weise, daß dieser mächtigste Fürst von Deutschland sich gegen ihn verfeindete und geneigt war, sich mit Lothringen lieber wieder an die französische Königslinie der Karolinger anzuschließen. Ebenso gerieth er mit Herzog Arnulf von Bayern in Weiterungen, und im Kampf nach allen Seiten hin nur von der Geistlichkeit unter- stützt, brachte er Deutschland in die trostloseste Lage. Da ward Kon- rad in einer Schlacht gegen den Bayernherzog auf den Tod verwundet, 918, und auf seinem Sterbebette erinahnte er einen seiner Brüder, den Herzog Eberhard von Franken, allen Ehrgeiz und Parteihaß bet Seite zu setzen und die Krone dem Herzog Heinrich von Sachsen anzntragen. Denn nur wenn Franken und Sachsen zusainmenhielten, könne Deutschland aus seinem elenden Zustande wieder errettet und vor dem gänzlichen Zerfall bewahrt werden. Eberhard that es und jetzt war die Krone an den rechten Mann gekommen. Die deutsche

6. Leitfaden der Weltgeschichte für die höheren Classen evangelischer Gymnasien und Realschulen, sowie zum Privatgebrauch für Lehrer und für Gebildete überhaupt - S. 375

1859 - Lübeck : Rohden
Xx. §. 6. Übertragung der Kaiserkrone an Otto den Großen. 875 Deren gar gedemüthigt, die italienische Königskrone zu Pavia auf sein Haupt gesetzt, hatte die schöne Adelheid geheirathet und den deutschen Namen in ganz Italien gefürchtet gemachr. Aber die Kaiserkrone, nach der er selber als nach seinem guten Recht und Erbe schon seit Jahren trachtete, hatte er damals nicht erlangen können. Rom war in der Ge- walt eines klugen und kräftigen Tyrannen, des Alberich, der auch ein Hurenkind jener schändlichen Marozia war, grade wie Papst Johann Xi. Dieser Alberich, der auch die Päpste mit eiserner Faust nach seinen Willen zwang, litt nicht, daß der deutsche König nach Rom kam, und Otto war damals nicht im Stande, mit Gewalt sich die Wege zu öffnen. Denn andere Sorgen riefen ihn nach Hause zu- rück. In seiner eignen Familie war ein schwerer Zwiespalt ausgebrochen. Otto's Sohn Liud ols, Herzog von Schwaben, und sein Schwieger- sohn Konrad, Herzog von Lothringen, hatten sich gegen den Vater erhoben und kriegten mit Herzog Heinrich von Bayern, Otto's Bruder. Otto hatte nämlich die Erblichkeit und Selbständigkeit der großen Herzogthümer zu brechen und sie möglichst unter die Glieder seiner eignen Familie zu vertheilen gesucht. Da sich nun aber seine eignen Blutsverwandten gegen ihn empörten, schien ganz Deutschland wieder auseinanderreißen zu sollen. Fast 10 Jahre dauerten die Un« ruhen. Otto gelangt endlich wieder zur vollen Gewalt. Nachdem er aber die Erfahrung gemacht hatte, daß er unter keinen Umständen seine Herrschaft auf die weltlichen Herzöge stützen könne, auch wenn sie seine Söhne und Brüder wären, suchte er nun vielmehr durch und mit der hohen Geistlichkeit zu herrschen. In die Hände der Bischöfe und der Erzbischöfe legte er fast alle Regierungsgeschäfte, aber er wußte sie stets in voller Ergebenheit gegen seine königliche Person zu erhalten. Italien war inzwischen völlig wieder verloren gegangen. Berengar war wieder zur vollen Herrschaft gelangt und bedrückte nicht bloß das Volk und die Fürsten, sondern auch die Geistlichkeit und selbst den Papst, nämlich den Sohn jenes Tyrannen Alberich, den schon genannten Johann Xii., jenen lasterhaften Knaben, der das Papstthum auf's Tiefste herabwürdigte. Eben dieser Johann war es, der jetzt selber den mächtigen Otto abermals gegen Berengar zu Hülfe rief. Als Preis der Hülfe verhieß er ihm die Kaiserkrone. Otto kam, zerstreute die Schaaren des Berengar, schickte ihn selbst gefangen nach Deutsch, land, zog im Glanze seiner Siege in Rom ein und empfing die römi- sche Kaiserkrone (962). Aber er war nicht geneigt, die Laster und Schändlichkeiten, den Meineid und Verrath des Papstes gutzuheißen und in Schutz zu nehmen. Wie er in Deutschland schon längst die volle oberherrliche und richterliche Gewalt über alle Bischöfe und Erz- bischöfe übte, so trat er auch sofort in Rom als Richter und Oberhaupt des Papstes auf. Er berief eine Synode, ließ den Papst absetzen und einen neuen Papst erwählen, Leo Viii. (963—965), dessen Wahl er in kaiserlicher Machtvollkommenheit bestätigte. Und als die Römer sammt einem großen Theil der vornehmen Geistlichkeit sich die rücksichts- losen Eingriffe des strengen Norddeutschen nicht wollten gefallen lassen und Aufruhr erhoben und den gelehrten und frommen Benedict V.

7. Leitfaden der Weltgeschichte für die höheren Classen evangelischer Gymnasien und Realschulen, sowie zum Privatgebrauch für Lehrer und für Gebildete überhaupt - S. 438

1859 - Lübeck : Rohden
438 Xxii. §. 4. Begründung der habsburgischen Macht in Deutschland. §. 4. Begründung der habsburgischen Macht in Deutschland. Das hatte der verständige Rudolf bald erkannt, daß ein deut- scher König, der nicht selbst große eigne Besitzungen hat, bei den mächtigeren und begüterteren deutschen Fürsten nie zu einiger Geltung gelangen werde. Deshalb mußte sein Verlangen darnach stehen, sich eine Hausmacht in Deutschland zu verschaffen, denn seine schweizeri- schen und schwäbischen Besitzungen genügten nicht, um ihm die nöthige Machtstellung zu verleihen. Da leitete nun Gott die Sachen also, daß der schweizerische Graf den Grund legen mußte zu dem gewaltigen Oe streich, welches zur Vorhut Deutschlands in den Donauge- genden Jahrhunderte lang den Ansturm der türkischen Horden von den deutschen Ländern abwehren und dem deutschen Reiche seine späteren Kaiser geben sollte. In der Verwirrung der letztverflossenen Jahr- zehende hatte der Böhmenkönig Ottokar I. aus slavischem Blut, und wie alle seine Vorgänger schon seit der Zeit der sächsischen Kaiser Vasall des deutschen Reichs, sich der deutschen Marken: Oestreich, Steier- mark, Krain und Kärnthen bemächtigt und beabsichtigte nichts Gerin- geres, als in diesen östlichen Gegenden ein mächtiges Slavenreich zu gründen. Die Einsetzung eines neuen deutschen Kaisers war ihm sehr unbequem. Er hätte viel lieber gesehen, daß - die kaiserlose Zeit für immer fortgedauert hätte, oder er hätte selbst Kaiser werden müssen. Deshalb verweigerte er dem neugewählten Rudolf die Huldigung, erschien auf wiederholte Vorladung nicht, weigerte sich auf die Klagen, die von allen Seiten über seine Ungerechtigkeit einliefen, sich zu ver- antworten, und wurde deshalb, nachdem alle freundlicheren Mittel er- schöpft waren, in die Reichsacht erklärt. Von Rudolf besiegt und zur Huldigung gezwungen, dann abermals rebellisch und zum Kampfe ausgerückt, ward er (1278) auf dem Marchfelde geschlagen und ge- tödtet. So kamen die östreichischen, steierischen und krainischen Lande mit Zustimmung der deutschen Fürsten an das habsburgische Haus; denn Rudolf belehnte seine eignen Söhne damit. Kärnthen aber übergab er vor der Hand dem Grafen Meinhard von Tyrol, und Böhmen und Mähren an den unmündigen Sohn und Erben Ottokar's. Dieser Mäßigung und Gerechtigkeit beim Antritt des wohl erworbenen Besitzes verdankt ohne Zweifel das habsburgische Haus sein überaus rasches und gesegnetes Emporblühen. Nicht bloß die damals mit be- scheidener Hand an andere Besitzer übertragenen Länder kamen nach- mals gleichfalls in habsburgische Hände, sondern noch größere und

8. Leitfaden der Weltgeschichte für die höheren Classen evangelischer Gymnasien und Realschulen, sowie zum Privatgebrauch für Lehrer und für Gebildete überhaupt - S. 413

1859 - Lübeck : Rohden
Xxi. §. 10. Ausbreitung der Papstherrschaft über Griechenland rc. 416 mit tyrannischer Grausamkeit gegen die gesammte Geistlichkeit) mit eben so kluger als starker Hand zu zähmen und den von ihnen Verge- waltigten zu ihrem Rechte zu verhelfen wußte. Als Vormund Fried- rich's Ii. und Regent von Neapel und Sicilien hat er sich überaus treu, sorgfältig und, soweit man das von einem Papste sagen kann, un- eigennützig benommen. Den König Otto Iv., den Welfen, der in Deutschland gegen Philipp von Schwaben erwählt und gekrönt war, hat Innocenz, nachdem er ihn einmal anerkannt hatte, auch stets treulich beschirmt und unterstützt, so sehr auch die Partei des immer mächtiger werdenden Philipp ihn drängte, den Welfen fallen zu lassen und für den Hohenstaufen sich zu erklären. Vielleicht hätte er in diesem Punkte doch am Ende noch nachgegeben, da gegen das Jahr 1208 Philipp in der Thal schon alleiniger Herr in Deutschland ge- worden war. Da kam die Hand des Herrn auch über diesen freund- lichsten, mildesten und liebenswürdigsten der Hohenstaufen. Nicht ihm war es beschieden, die ganze traurige Stufenleiter der Gewissensbe- schwerung im Kampfe mit den Päpsten durchzumachen, wie es seinem Neffen Friedrich Ii. ausbehalten war. Am Hochzeitsfest seiner Nichte ward er durch fluchwürdigen Meuchelmord jählings dahingerafft. Otto Iv. ward jetzt allgemein als König anerkannt und der Papst setzte ihm 1209 die Kaiserkrone auf. Aber der Welfe, der päpst- lich gesinnte Schützling des Innocenz, verwandelte sich schnell in einen entschiedenen Gegner der päpstlichen Alleinherrschaft. Trotz aller früheren Schwüre, trotz aller Zusicherungen und Betheuerungen trat er dem Papst in Italien auf allen Punkten entgegen, wollte ihm seine Besitzungen nehmen, Apulien erobern, Rom für eine kaiserliche Stadt erklären, ja er ließ sich verlauten, man müsse den Bischöfen sammt ihrem Papste alle weltlichen Güter und Gerechtsame entreißen. Lange hatte der Papst Geduld. Es war eine große Demüthigung für ihn, sich gegen den erklären zu müssen, den er selbst erhoben. Endlich, wie konnte er in seiner Stellung anders thun? Er sprach den Bann über ihn auö und stellte nun selbst, wenn auch mit großer Sorge und ban- gen Vorahnungen, den Hohenstaufen Friedrich dem Welfen Otto entgegen. Und Friedrich's Schale stieg sofort in demselben Maße, wie Otto's Schale sank. Bald saß Friedrich von allen deutschen Fürsten anerkannt auf seinem Königsthron, während Otto vereinsamt und vergessen in Braunschweig starb (1218). §. 10. Ausbreitung der Papstherrschaft über Griechen- land und die Ostseeprovinzen. Auch die schismatische Christenheit und der letzte Rest der euro- päischen Heidenwelt schien unter der Regierung des Innocenz noch gewonnen und zu seinem theokratischen Reich hinzugefügt werden zu sollen. Denn die Kreuzzüge, die er nach Palästina, nach Jerusalem lenken wollte, nahmen zum Theil gegen seinen Wunsch und Willen eine ganz andere Richtung. Zunächst nach Constantinopel. Wir sa-

9. Leitfaden der Weltgeschichte für die höheren Classen evangelischer Gymnasien und Realschulen, sowie zum Privatgebrauch für Lehrer und für Gebildete überhaupt - S. 437

1859 - Lübeck : Rohden
Xxii. §. 3. Deutschlands Wiedererhelung aus tiefster Verwirrung. 437 Sagen tief im Herzen des deutschen Volks befestigt. Mit klarer Selbstbe- schränkung erkannte er von vorn herein als seine Aufgabe, nur den Deutschen, nur für Deutschland zu leben. Alle Ansprüche auf Italien, auf eine Oberhoheit über fremde Völker gab er willig auf, selbst den Kaifertitel wollte er nicht. Dagegen war er unermüdet thätig, fest, streng, entschieden, wo es galt Recht und Gerechtigkeit in deutschen Landen herzustellen und den Uebermuth der Fürsten und Ritter zu bre- chen, die in willkürlicher Gewaltthätigkeit eigne oder fremde Untertha- nen bedrängten. Wie viele Raubburgen hat er zerstört, wie viele Raub- ritter hingerichtet, wie war er überall bedacht, geordnete Rechtspflege wieder herzustellen, den Landfrieden zu befestigen und das lange ent- behrte Gefühl der Sicherheit dem deutschen Bürger und Bauer zurück- zugeben. Eine Zeitlang dachte er wohl daran, den alten Vau des Le- henreichs wieder zu erneuern, die alte Herzogsgewalt wieder aufzurich- ten und die kleinen Fürsten den größeren unterzuordnen. Aber er begriff mit seinem klaren Verstände sehr bald, daß die Zeit eine völlig andere geworden sei und die Verhältnisse es nicht mehr leiden wollten. Die alten großen Herzogthümer waren unter der hohenstaufischen Herr- schaft längst zerschlagen. Friedrich Barbarossa hatte selbst die Losung dazu gegeben, da er das mächtige Herzogthum Sachsen seinem Gegner, Heinrich dem Löwen, entriß und es in eine Menge klei- nerer Herrschaften zersplitterte, die unter sich keinen weitern Zusammen- hang haben, sondern alle in gleicher Weise nur dem Könige verpflich- tet sein sollten. So war es ähnlich geschehen in den lothringischen Herzogthümern, in Schwaben und seit Langem schon in Franken. Statt der gewaltigen Volksherzöge standen von nun an dem Könige nur noch schwächere Fürsten gegenüber, die von einem mächtigen Monarchen leich- ter mochten zu bewältigen sein; die aber bei dem Verfall und der Un- terbrechung der Königsherrschaft sich nothwendig zu einer Republik von Fürsten, Bischöfen und freien Gemeinschaften (Städten) zusammen- schließen mußten, welche dem Könige nicht viel mehr als den Titel lie- ßen. Rudolf ließ alle diese selbständig gewordenen Stände des Reichs sich möglichst ungestört nach ihren eignen Trieben und Bedürf- nissen bewegen und entwickeln und behielt sich nur das oberrichterliche Amt und ihre Verpflichtung zur Heeresfolge und Staatsleistungen vor. Eben dadurch aber ward die wunderbar reiche Entwicklung aller einzel- nen Bestandtheile des deutschen Volks nach allen Seiten hin ermöglicht, während in den benachbarten, strenger monarchischen Staaten der über- mächtige königliche Wille unendlich viele Keime, die sonst vielleicht edle Früchte gebracht hätten, aus thörichter Befürchtung für die eigne Herrschaft oder aus politischen Gründen unterdrückte. Seit Ru- dolf's gesegneter Regierung bildete sich Deutschland fest und sicher zu jenem schönen Verein kleinerer Gemeinwesen, deren einstigen Werth und Bedeutung wir aus den jetzt noch übriggebliebcnen Resten und Trümmern uns kaum noch wieder zu vergegenwärtigen vermögen.
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